Oswald Spengler
Ich bin kein Prophet
Die Aufzeichnungen »Politica« aus dem Nachlass

Erstmals vollständig ediert: die politische Innenwelt des Autors von Der Untergang des Abendlandes, wie sie sich in den als »Politica« geordneten Notizen niederschlägt. Eine widersprüchliche Lektüre.

Über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren dokumentieren größtenteils unbekannte Aufzeichnungen das Denken des vielleicht wirkmächtigsten Vertreters der sogenannten »Konservativen Revolution« zwischen Erstem Weltkrieg und Nationalsozialismus. Seine Thesen, vor allem sein Vergleich des »Untergangs« alter Zivilisationen mit der Entwicklung des Abendlandes, prägten jahrzehntelang Dichtung und Philosophie: Thomas Mann, Robert Musil, Hermann Hesse, Martin Heidegger, Theodor W. Adorno und viele andere beschäftigten sich kritisch mit Spengler. Von Anfang an reizten dabei sein herrischer Ton, seine zur Schau gestellte Kaltblütigkeit und sein deutschnationaler Aristokratismus, faszinierten aber auch die ungewöhnlichen neuen Blickwinkel auf Geschichte und Gesellschaft. Mit der Edition des politischen Nachlasses, der über 1300 einzelne Fragmente umfasst, wird ein Textkonvolut zugänglich gemacht, das es zum ersten Mal erlaubt, die Entwicklung der politischen und gesellschaftlichen Ideen Spenglers mit ihren Brüchen und Kontinuitäten jenseits der veröffentlichten Werke nachzuvollziehen.

Der Band mit den »Politica« Spenglers eröffnet die Oswald-Spengler-Schriftenreihe des Stuttgart Research Centre for Text Studies (SRCTS) an der Universität Stuttgart. Sie verfolgt das Ziel, das Wirken Spenglers kritisch aufzuarbeiten, und soll zugleich der ideologischen Vereinnahmung, Vereinfachung und Verharmlosung des Spenglerschen Denkens entgegenwirken. Wissenschaftlicher Beirat: Andrea Albrecht (Stuttgart), Barbara Beßlich (Heidelberg), Gilbert Merlio (Paris), Wolfram Pyta (Stuttgart), Sandra Richter (Stuttgart), Claus Zittel (Stuttgart).

Mit einem Vorwort von Gilbert Merlio
Herausgegeben und um eine politisch-biografische Skizze ergänzt von Fabian Mauch
Oswald-Spengler-Schriftenreihe, Band 1
680 Seiten
gebunden
Fadenheftung, Leseband
12,5 × 20,5 cm
(D) € 34,90, (A) € 35,90, sFr 45,50 (UVP)
ISBN 978-3-946595-02-1

Pressestimmen

»Aufgrund der ausgiebigen argumentativen Interpretation der Aufzeichnungen ›Politica‹ aus dem Nachlass von Oswald Spengler wird der vielschichtigen Forschung ein sorgfältig ediertes Handbuch zur Verfügung gestellt, das der vor allem in den letzten zwanzig Jahren angewachsenen Fachliteratur zur Spengler-Rezeption sicherlich neue Impulse verleiht. Die umfassende Liste der Nachweise … und die ausgewählte Bibliografie … belegen den hohen zeitlichen Aufwand bei der Sichtung der Aufzeichnungen und deren Analyse. Eine verdienstvolle Publikation des C. W. Leske Verlags, die der breit angelegten Spengler-Forschung ein neues Fundament geben wird.« – Wolfgang Schlott, Zeitschrift für Politik

»Der Auftakt zu einer neuen Oswald-Spengler-Schriftenreihe zeigt den bekanntermaßen einsamen wie ängstlichen Philosophen des ›Untergangs‹ mit letztlich bemerkenswert aktuellen Gedanken. … Ohne jede Frage versammelt diese Ausgabe eine riesige Fülle an Material und bereitet sie übersichtlich auf. Falls dies der editorische Standard der Reihe bleibt, darf man sich in den kommenden Jahren noch auf einige gelungene Veröffentlichungen freuen.« – Michael Helming, Glanz und Elend

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© BArch, Bild 183-R06610

Oswald Spengler, Jahrgang 1880, lebte zurückgezogen in München und schrieb seit 1911 am Untergang des Abendlandes, der ihn ab Erscheinen des ersten Bandes 1918 (Band 2 erschien 1922) weltberühmt machen sollte. In der Folge verfasste er stark deutschnational orientierte politische Aufsätze und weitere geschichtsphilosophische Werke, die seine Theorien des »Untergangs« mit Blick auf die Weltlage seiner Zeit präzisierten (u. a. Der Mensch und die Technik, 1931, Jahre der Entscheidung, 1933). In der Weimarer Republik gehörte Spengler mit seiner aristokratisch grundierten Kultur- und Geschichtstheorie und seiner Machtverherrlichung zu den schärfsten und profiliertesten Feinden der Demokratie und wird deshalb trotz seiner Ablehnung des Nationalsozialismus mit gutem Grund als ein geistiger Wegbereiter der Nazi-Diktatur in Deutschland betrachtet. Spengler starb, mit Publikationsverbot belegt, 1936 mit 55 Jahren in München.