Hedwig Caspari
Uns gehört keine Zeit
Elohim, Salomos Abfall, verstreute Texte und Zeugnisse

Biblische Stoffe und expressionistische Moderne – dass sich das nicht widerspricht, zeigt das schmale, aber eindrucksvolle Werk der früh aus dem Leben geschiedenen Dichterin Hedwig Caspari. Seither nahezu völlig in Vergessenheit geraten, ist eine der bemerkenswertesten Stimmen unter den deutschen Expressionistinnen mit ­diesem Band endlich wiederzuentdecken.

Vor gut hundert Jahren erschien das lyrische Werk der Berliner Dichterin Hedwig ­Caspari in den einschlägigen Anthologien und Zeitschriften neben Texten von Max Brod, Albert Ehrenstein, Ludwig Strauss, Robert Walser, Franz Werfel, Alfred Wolfenstein und Else Lasker-Schüler, mit der man sie gelegentlich verglich. Caspari fand in ihren Gedichten einen eigenen, eher skeptischen Ton, der sie von den messianischen Erlösungsfantasien anderer unterschied. Auch ihr ­Salomo-Drama ragt unter den biblischen Dramen des 20. Jahrhunderts heraus und kann sich mit den dramatischen Dichtungen Beer-Hofmanns messen. Ungewöhnlich dabei: ihr kritischer Blick auf die Salomo-Figur, die sie in ihrer männlichen Hybris durchschaut und konsequent seziert. Nur drei Jahre nach dem Erscheinen ihres ersten Gedichtbandes, Elohim (1919), setzte Hedwig Caspari ihrer noch jungen Laufbahn als Dichterin selbst ein Ende, als sie sich 1922 vierzigjährig mit Gift das Leben nahm. Über ihr Leben ist wenig bekannt, Manuskripte sind verschollen. Die Neuausgabe ihrer Werke bringt alles derzeit Auffindbare – ihr Drama Salomos Abfall (1920), die Gedichte und einige wenige zeitgenössische Brief- und Rezeptionszeugnisse – in einem Band zusammen. In ihrem Nachwort führen die Herausgeberin und der Herausgeber in die Poetik Casparis ein.

Herausgegeben von Imelda Rohrbacher und Claus Zittel
unter Mitarbeit von Laura Friedrichsohn
Kometen der Moderne, Band 4
216 Seiten
gebunden, Leseband
12 × 19 cm
(D) € 26,00, (A) € 26,70, sFr 34,00 (UVP)
ISBN 978-3-946595-41-0

 

Hedwig Caspari, geb. Joseph, wurde am 1. Mai 1882 in Berlin geboren und dort am 19. August 1922 tot in ihrer Wohnung aufgefunden, nachdem sie durch Freitod aus dem Leben geschieden war. Sie kam aus einer gut situierten jüdischen Familie. Ihre ersten Gedichte veröffentlichte sie in den expressionistischen Zeitschriften Die schöne Rarität, Saturn und Der Friede sowie in Das Zelt. Eine jüdische illustrierte Monatsschrift für Kunst, Literatur und Wissenschaft und Die Selbstwehr, in denen u. a. auch Texte von Franz Kafka erschienen. Der für seine buchgrafische Gestaltung berühmte Welt-Verlag nahm sie dann in sein Programm auf, hier erschienen ihre beiden einzigen Bücher ­Elohim und Salomos Abfall und einzelne Gedichte in der bedeutenden Anthologie Lyrische Dichtung deutscher Juden.